Visual project
'Blinds, Effort to Overcome'.


The second shared Prize on competition for international fare Expo2000 in Hannover, international pavilion 'A man'.
Project found support from the Commision for Culture of St-Petersburg's Senat.
 


Proposal Nr. 502. Igor Baskin. Visuelles Projekt „Die Anstrengung der Überwindung„

Das Projekt ist ein konzeptuelles Raumobjekt. Gleichzeitig ist es eine interaktive Installation, im Rahmen derer Kurzfilme über die Arbeit der „Allrussischen Gesellschaft der Blinden„ (AGB) sowie über unterschiedliche Aspekte des Lebens sehbehinderter Menschen gezeigt werden.

Wenn der Autor vom Leben der Blinden und der Tätigkeit der AGB spricht, sieht er es als seine Aufgabe an, auch allgemein über das moderne Rußland etwas Aufrichtiges und Wichtiges zu sagen. In diesem Sinne könnte das Projekt „Die Anstrengung zur Überwindung„ einen zweiten Namen tragen – „Die große russische Mauer – Überwindung der Blindheit„. Es sei erwähnt, daß die Blindheit im Bezug auf Rußland zu einer komplexen Allegorie seines Daseins wird. Politiker und Machtinhaber lösen einander im Kampf um Macht und Privilegien ab. Verantwortungslosigkeit, Kurzsichtigkeit, emotionale Kälte und moralische Desorientierung – das sind Synonyme der Blindheit. Rußland versucht, ähnlich einem blinden Kätzchen, seine eigene Identität und Bedeutung von seinem Platz in der Weltgesellschaft zu erkennen und zu definieren.

Der Autor ist allerdings jedem Pessimismus für Zukunft seines Landes fern. Er ist sich sicher, daß der Wille und die schöpferische Bemühungen von Rußlands Bürgern ihnen selbst und dem ganzen Land helfen werden, aus dem schwarzen Labyrinth der Schwierigkeiten und der inneren Blindheit herauszuführen.

Die Probleme und Schwierigkeiten der modernen russischen Gesellschaft treffen Blinde doppelt hart. Blinde in Rußland sind doppelt so mutig wie alle anderen. Im Kampf für ein würdiges Leben beeinflussen sie durch ihren persönlichen und gemeinschaftlichen Einsatz die gesamte Gesellschaft und zeigen ihr ein Beispiel der wirklichen, aktiven, und, was besonders wichtig ist – resultativen Zivilcourage.

Das Raumobjekt ist eine Einzelkonstruktion, die gleichzeitig an eine Mauer und an ein Schiff, an Arche erinnert. Das ist ein flaches Parallelepiped, deren größere Seite den Ausstellungswürfel diagonal überkreuzt.

Ein Schiff, die Arche – das ist das Symbol der Menschheit, der Einigkeit aller Menschen. Diese Menschen sind erfüllt von Widersprüchen zwischen Gesellschaft und Person, zwischen Traum und Realität, zwischen Elend und Wohlstand, zwischen Gesunden und Kranken. Deshalb ist die Arche gleichzeitig einer Mauer als Symbol von Trennung und Hindernis ähnlich. Die Trennung und die Widersprüchlichkeit werden durch die Gegenüberstellung von Farben Schwarz und Weiß betont. Der schwarze Teil veranschaulicht den Begriff „Blindheit„, der weiße Teil wird durch Verwendung von geprägtem Material mit Elementen der Blindenschrift zum Symbol des Sieges des Willens und des Verstandes über die begrenzten menschlichen Fähigkeiten, über die menschliche Hilflosigkeit und das Elend. Schwarz und Weiß ist gleichzeitig eine universelle Gegenüberstellung von Gut und Böse, Kraft und Schwäche, Verzweiflung und Hoffnung.

Menschen sollen nach natürlichen Wegen suchen, die sie einander näher bringen und zur Überwindung der Probleme führen. Sie sind aufgerufen, einander zu helfen, und die Gesellschaft soll Methoden ausarbeiten, mit denen sie jedes ihrer Mitglieder unterstützen kann. Um solche Bedingungen zu schaffen, ist ein durchdachtes und innerlich gerechtfertigtes Handeln jedes Einzelnen nötig. Gemeint ist dabei die persönliche Anstrengung zur Überwindung, Konzentration des Willens, des Verstandes, des Gefühls, der Energie. Wir als gesunde Menschen können das von Blinden lernen. Im gewissen Sinne sind wir alle blind, denn wir ahnen nicht, was wir tun.

Die Anstrengung der Überwindung ist eine lebendige, emotionale, durch innere Harmonie gerechtfertigte Handlung. Sie wird durch die rote Linie auf dem Parallelepiped symbolisiert. Diese Linie wird mit einem breiten Pinsel spontan aufgetragen und bildet eine Grenze zwischen den Gebieten von Weiß und Schwarz. Sie verläuft über die gesamte Oberfläche des Parallelepipeds. Das ist gleichzeitig die Wasserlinie des großen Menschheits-Schiffes, und die Horizont-Linie, die wir in unseren Träumen anstreben, und eine Gegenwirkung zur allen Widersprüchlichkeit dieser Welt, und schließlich einfache Malerei, eine Geste des Autors, Ausdruck der Emotionen.

Auf dem weißen Hintergrund der Blindenschrift werden oberhalb der roten Linie in durchsichtigen Verpackungen Fotos und Gegenstände angebracht, die einen Bezug zum Leben, zur Arbeit, zum Alltag von Blinden haben (z.B. Gegenstände, die von Blinden hergestellt werden, diverse Gehstöcke und sonstige Dinge, die das Leben der Blinden erleichtern.)

Auf dem schwarzen Hintergrund unterhalb der roten Linie sind in einer chaotischen Reihenfolge linienartig Fotos angebracht, die das Leben im modernen Rußland und St. Petersburg darstellen. Gleichzeitig werden die Betrachter des Objekts in ein Happening involviert. Auf der Fläche vor der größeren Seite der Mauer, auf dem schwarzen Fußboden, steht ein Container mit 50.000 weißen 2x2-cm-Papierquadraten

Wenn die persönliche Anstrengung zur Überwindung von jedem sich mit der eines anderen vereint, kann ein sozial wirklich bedeutsamer Effekt erzielt werden.

In den Ausstellungswürfel sind Informationsmaterialien über die AGB in russischer, englischer und deutscher Sprache integriert. Dazu werden zwei Flächen aus halbtransparentem Stoff genutzt, die von dem Parallelepiped getrennt sind, aber räumlich und visuell mit ihm verbunden. Es werden zwei solche Flächen von beiden Seiten der „Mauer„ angebracht. Diese Flächen werden auch linienhafte Abbildung von menschlichen Fingern tragen, die den Blinden Augen ersetzen.

Das Video wird auf einem offenen Monitor vorgeführt, der am Rand des Würfels auf einem dünnen eisernen Ständer montiert ist. Es ist auch möglich, den Bildschirm an einem freien Ständer der Würfelkonstruktion oder auf einem Scharnier in Augenhöhe zu befestigen.

Über zwei offene Monitore wird ein Videofilm gezeigt. Das ist eine sich wiederholende Sequenz von 3 bis 4 Kurzfilmen, die jeweils 6 bis 12 Minuten dauern und vom Leben, von psychologischen, sozialen, alltäglichen Besonderheiten von Blinden in St. Petersburg berichten. Es ist außerdem geplant, einen 90-minütigen Film über Blinde zu drehen, der zu bestimmten Zeiten gezeigt werden kann. Der Autor hat vor, in diesem Film die ästhetische Konzeption der Arbeit mit einer nicht-professionellen Videokamera zu verwirklichen. Die Prinzipien dieser Arbeit sind: spontane, lebendige Reaktion und Integration in die Handlung des Films, Lenkung der Aufmerksamkeit des Betrachters nicht nur auf das, was geschieht, sondern auch auf den Kontext.

Der Film ist der Anstrengung der Überwindung gewidmet. Das Leben von Blinden und die Tätigkeit von AGB liefern inhaltsreiches Material zur Erschließung dieses Themas. In dem Film, der für sehfähige Leute produziert wird, betrachtet der Autor seine Aufgabe darin, Gleichgültigkeit, Distanz, Vorurteile gegenüber dem Anderen, dem Unähnlichen (in diesem Fall einem Blinden) abzubauen.

Der Film und die Installation bilden ein geschlossenes Ganzes aus zwei selbständigen Ausdrucksformen. Sollte der Künstler imstande sein, aus eigenen Mitteln einen Videoprojektor zu finanzieren, kann die Rückseite des Parallelepipeds als Bildschirm optimal genutzt werden.

Der Innenraum des Parallelepipeds kann für eine interaktive Aktion genutzt werden.